Wirklich frei ?

Liebe Leserinnen und Leser,

was macht mich wirklich frei? Ist es die Unabhängigkeit, die ein gutes Gehalt bietet? Ist es die Freiheit, – zumindest theoretisch - zu jeder Zeit an jeden Ort der Welt reisen zu können? Oder ist es vielleicht ein Umfeld aus Familie und Freunden, in dem ich so sein kann, wie ich bin?

 

Um die Frage der Freiheit drehte sich Martin Luther in seinem Nachdenken über Gott und die Welt immer wieder. So trägt auch eine seiner bekanntesten Schriften den Titel „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Im Kern sagt er darin: Ich kann als Christ eine große innere Freiheit haben, auch wenn die äußere Freiheit eingeschränkt ist. Dabei bezieht er sich auf ein Zitat aus der Bibel: „Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, auf dass ich möglichst viele gewinne.“ (1. Korinther 9,19).

 

Ich denke, dass die Frage nach unserer Freiheit, die noch vor einem Jahr ziemlich belanglos erschien, in diesen Tagen sehr aktuell ist. Täglich leben wir mit verschiedenen Einschränkungen unseres eigentlich liebgewonnenen Alltags. Wie aktuell ist da gerade dieses Bibelwort, das uns zeigt, dass es eine innere Freiheit des Glaubens gibt, die durch keine äußeren Umstände in Frage gestellt werden kann. Diese Freiheit sieht weder stolz nur auf sich selbst und die eigene Unabhängigkeit noch in Angst auf Umstände, die sich unserer Kontrolle entziehen. Das Wesen dieser Freiheit ist echte Demut. Demut vor Gott, der mir diese Freiheit überhaupt erst schenkt. Demut aber auch vor meinem Mitmenschen, für den ich eine Verantwortung trage. Ich denke, dass diese Freiheit zum Lebenselixier des christlichen Glaubens gehört.

 

Nun bleibt die Frage, wie man zu so einer inneren Freiheit kommen kann. Eine alte Lebensweisheit besagt, dass Freiheit nur in der Bindung zu finden ist. Ich denke, das stimmt. So finden wir eine echte innere Freiheit des Glaubens auch nur in einer Bindung. Diese Bindung klammert sich nicht an Rituale, sondern hält sich an einer Person fest  -  Jesus Christus. Wenn ich mich auf ihn einlasse und mein Leben für ihn öffne, wächst ein tiefes Vertrauen zu ihm. Ich weiß, er kümmert sich jetzt um meine Angelegenheiten. Ich muss weder verbissen bis zum letzten Tropfen mein vermeintliches Recht erstreiten noch in Angst vor den Unwägbarkeiten des Lebens in Schockstarre verfallen. Jesus ist da! In meinem Leben, in den Umständen und in den Sorgen.

 

Das ist auch Luther zum großen Lebensthema geworden und es ist gut, sich gerade in dieser Zeit zum Reformationstag daran zu erinnern.

In diesem Sinne wünscht Ihnen einen gesegneten Feiertag,

 

Pfarrer Ephraim Rüger, Arnsfeld