Was wir tun können

Es gab Buchtitel in der DDR, bei denen die gute Beziehung zu einer Buchhandlung ein Muss war, um das begehrte Objekt zu bekommen. Hinter dem Titel „Kunstland DDR“ war ich lange her, weil ihn ein Freund aus dem „Westen“ auf seiner Wunschliste hatte. Auf meine Frage an den Buchhändler nach  dem Buch blickte er mich skeptisch an, antwortete   freundlich, jedoch den Erfolg offen lassend: „Wir  tun, was wir können.“  Also hieß es abwarten. Nach Monaten hatte ich dann  Glück und hielt den schönen Band in meiner Hand und die Post gen West konnte abgehen. So war das damals.  Die Zeiten und Verhältnisse haben sich geändert. Dreißig Jahre sind vergangen. Wir haben Grund zu Dankbarkeit, nicht nur wegen reich bestückter Buchhandlungen. Neue Herausforderungen stehen an.  Jeder muss sich ihnen stellen.  Was kann ich zu Frieden und Gerechtigkeit  beitragen,  unter uns  und über den eigenen Tellerrand hinaus? Was sind die Kriterien, die für mich maßgeblich sind?  Als Christenmensch lasse ich bei diesen Fragen die Bibel zu mir reden und weiß mich den Worten Jesu verpflichtet, die er nicht als Gesetz an mich heranträgt, sondern für die er mir Freiheit schenkt, sie zu hören, anzunehmen und zu leben. Sie eröffnen wunderbare Möglichkeiten für ein menschenfreundliches und erfülltes Leben, ohne sich dabei  an  Illusionen oder Ideologien zu verlieren. Ein Leben nach der „goldenen Regel“, wie sie Jesus Christus gegenüber  vorchristlichen Belegen in einer allgemeingültigen positiven Fassung lehrt, die aktive Zuwendung und initiatives Handeln einschließt, kann  Wirklichkeit werden: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ (Matthäus 7, 12). Kurtmartin Magiera macht es konkret: „Tun, was man kann … Den ersten Platz nicht begehren/ Die Drohung nicht aussprechen/ Den Freund nicht verraten/ Den Gegner nicht verhöhnen/ Den Eigennutz unterordnen/ Das Trennende ausräumen/ Die andere Meinung achten/ Den Schlag nicht zurückgeben/ Die Beleidigung zurücknehmen/ Auf Ausgleich drängen/ Den ausgebrochenen Krieg beenden/ Nachteile in Kauf nehmen/ Unrecht verabscheuen/ Guten Rat annehmen/ Tun, was man kann ...“ (Reich Gottes-jetzt!). 

 

Tun, was man kann?  So einfach, wie es gesagt ist , ist es  freilich nicht getan. Denn wenn es  praktisch wird, geht es  auch ans Eingemachte.  Wir kommen an Grenzen. Guter Wille und beste Absicht reichen  allein nicht aus,  solche  Freiheit  zu leben, die sich  zugunsten eines gedeihlichen Miteinanders   zurücknehmen kann und    Interessenausgleich möglich macht, der dem Leben Raum und Perspektive gibt.  Es ist  Freiheit, die  Jesus Christus bis zur Hingabe seines Lebens für alle Menschen erworben hat und an der er als  lebendiger und gegenwärtiger Herr denen Anteil gibt, die ihm vertrauen. Sie stellt die Verbindung zu seinem Leben her, nimmt in sein Leben hinein, schenkt weiten Raum. Raum für Barmherzigkeit, die Grenzen gelten lässt, ohne an ihnen zu scheitern, die Grenzen überwindet und Lösungen bereithält. So beginnt „Reich Gottes – jetzt!“ Wie beginnt es? Es beginnt immer mit Gebet, der Hinwendung zu Gott, denn Gottes Reich ist nicht unsere Leistung, sondern Gottes Gabe, um die wir bitten dürfen mit Worten, die  Jesus lehrt: „Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ Matthäus 6, 9-13.  Beten und Tun des Gerechten – das ist es.

 

Thomas Röder

Pastor i.R.

Evangelisch-methodistische Kirche Crottendorf