Ich glaube euch nicht!

Zart ist er. Und mitfühlend. Er kann sich freuen, wenn andere sich freuen. Die Schmerzen der anderen gehen ihm zu Herzen. Doch das ist den Eltern zu viel. „Ein Junge weint nicht, ein Junge beißt sich auf die Zunge, auch wenn das Herz reißt!“, so sagen sie. „Das musst Du wohl noch lernen!“ Aus dem empfindsamen Bürschchen wird ein Mann, der selbst einen kleinen Jungen hat. Zart und mitfühlend, wie er selbst es war. Da wird es dem Vater zu viel. Und mit einem Male kommt ihm derselbe Satz über die Lippen, der ihm selbst so weh getan hatte.

 

Was Gerhard Schöne in seinem Lied besingt, kennen Viele. Vielleicht kennen Sie solche Sätze auch. Manche Sätze sind so tief gegangen, dass – wenn man sie heute hört – noch das Gleiche empfindet. Sie fühlen sich noch genauso an wie damals. Erschrocken zuckt man zusammen. Aber nicht nur die, die verletzen, gibt es. Auch solche, die Einem gut taten und die auch heute noch gut tun.

 

Worte sind stärker als wir glauben. Worte machen mehr mit uns, als uns manchmal lieb ist. Worte können wie Räume sein, in die ich eintreten kann. Worte können das Leben weit machen, mir das Leben aufschließen. Worte können aber auch einengen und zerstören.

 

Darf ich Sie fragen: Welche Sätze glauben Sie? Welche Worte prägen Sie? Welche Aussprüche haben Sie so oft gehört, dass Sie sie noch immer in Ihrem Inneren hören können?

 

Sätze wie „Ich halte zu Dir“ oder „Ich vergebe Dir“ kann ich mir nicht selbst sagen. Jemand muss sie mir zusprechen. An diese kann ich mich nur klammern. Solche Sätze kann ich nicht ständig hinterfragen, ich muss ihnen einfach glauben. Sie halten mich am Leben.

 

Aber es gibt auch jene, die man unachtsam mit sich herumträgt. Und die in Einem arbeiten und Einen kaputt machen. Man hat sie SO OFT gehört, dass man ihnen einfach glaubt und sie nicht mehr hinterfragt. – Ihnen kann ich nur begegnen, indem ich solchen Gedanken den Riegel vorschiebe und rufe: „Ich glaube euch nicht mehr.“ Den Worten, die zerstören, muss man trotzen und andere Sätze entgegenhalten.

 

Die Bibel ist ein „Trotz-Buch“ – voll von solchen Worten. – Ihre Geschichten erzählen vom großen „Ja“ Gottes zu seiner Welt, Menschen stehen auf und erzählen es sich einander: „Gott liebt diese Welt. – Gott liebt Dich! In Gottes Augen bist Du wertvoll! – Glaubt diesen, seinen Worten mehr als allen anderen Worten – sie sind das Leben.“

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in Ihrem Leben solche Sätze hören, die Ihr Leben weit machen. Und dass Sie bei dem Besuch eines Gottesdienstes zumindest an einer Stelle deutlich hören, dass Gott Sie meint, wenn er sagt: „Ich halte zu Dir. In meinen Augen bist Du wertvoll!“

 

Sebastian Mann, Pastor

Ev.-meth. Kirche im Sehmatal