Die vergessene Pyramide – eine Weihnachtsgeschichte

Werte Leserschaft,

in den Medien wird eher von versunkenen Schiffen oder verschollenen Schätzen berichtet. Selten von vergessenen Pyramiden.

Und doch schlummern mehr Schätze im Erzgebirge als wir das denken und meinen. Sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Vor einigen Monaten beräumten zwei unserer Mitarbeiter einen alten Boden nahe der Kirche. Eine neue Wasserleitung musste verlegt werden. Dabei fiel ihnen eine über 100 Jahre alte Pyramide in die Hände. Da diese schon vom Ruß und Dreck verklebt, an vielen Stellen beschädigt und auch nicht mehr vollständig war, stand die Frage, aufheben oder wegwerfen. Die beiden fischilanten Mitarbeiter entschieden sich für ersteres. Sie brachten die lahmende Pyramide zu einem bekannten Schnitzer unseres Ortes und baten ihn sie doch in der Weihnachtszeit mit zu verkaufen. Wenn es ginge auch für schlappe 50 €. Dies sei besser als nichts. Meister Dietzsch reparierte das alte Stück notdürftig. Dann hörten wir viele Wochen nichts von ihm. Zu Beginn der Weihnachtszeit stand er dann eines Tages mit einem merkwürdig feierlichen Gesichtsausdruck vor meinem Büro. Ich dachte bei mir, entweder hat er mir etwas furchtbar Schreckliches oder etwas  wunderbar Schönes zu berichten. Am Schreibtisch sitzend schob er einen Briefumschlag in meine Richtung. Ein lila Schein blitze an der oberer Seite heraus. „Vom Verkauf eurer alten Pyramide. Ein Kunde von mir, der Pyramidensammler ist, wollte diese Stück unbedingt kaufen und hat mir dafür 500 € dagelassen.

 

Verdutzt öffnete ich den Umschlag. Der Schein war echt, die Geschichte auch. Ich sang an diesem Tag ein Loblied auf meine guten Mitarbeiter und die Güte des Herrn. Sprachlos und glücklich zugleich ging mir diese Geschichte in den nächsten Tagen noch nach. Erzählte sie mir nicht wie wir in unserer Zeit (zumindest oft) mit den Kostbarkeiten Gottes umgehen? Wie Gott in dem Toben der Welt, im Rausch um Macht, Geld und Einfluss, Konsum und vielem anderen wie in Vergessenheit geraten ist?

 

Ich empfand diese Geschichte als ein Rufen Gottes an uns Menschen. Ein Ruf, Krippe und Kreuz, die Christgeburt und Erlösung, das Kommen von Gottes Sohn aus dem Dunkel ins Licht, aus den vergessenen Stuben ins Sichtbare zu rücken.

Das leise Erscheinen des Retters der Welt wieder groß zu machen.

Für uns selbst, füreinander. Für alle Menschen. So wie es die Hirten, nachdem sie das Christkind im Stall von Bethlehem besucht hatten, taten: „Als sie das Kind gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen gesagt war“: „Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.“

 

Euch ist heute der Heiland geboren. Im griechischen steht für Heiland „Retter, Befreier, Erlöser“. Christus als der Retter der Welt ist der eigentliche Held. Weit vor Batman, Spiderman, James Bond und anderen Helden der Filmgeschichte. Aus dieser kleinen Krippe wächst eine Kraft, die die ganze Erde erfasst und auch ergriffen hat. 

Denn in ihm ist die Autorität und die Gewalt zu heilen, zu befreien, zu erretten. Uns Menschen, aus dem Dunkel ins Licht, aus der Verzweiflung zur Hoffnung, aus der Gefangenschaft in die Freiheit zu führen. Christus kam in die Welt, um „den Elenden frohe Botschaft zu verkünden, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, den Gefangenen die Freiheit zu verkünden...und zu trösten alle Trauernden.“ (Jesaja 61). Dafür ist er aus seiner Kammer gegangen, hat den Himmel und die Herrlichkeit Gottes verlassen. Um ein ewiges Licht unter uns anzuzünden.

 

Das wollen wir feiern, diese Botschaft klopft an die Türen unserer Herzen, dieser Gesang des himmlischen Retters, der Mensch wird, darf hinaus posaunt, gesungen, geflüstert oder gehaucht werden.

So wie es in dem bekannten Lied: „Stille Nacht, heilige Nacht heißt: Christ, der Retter ist da...“ Dabei geht es Christus der Botschaft der Bibel noch weit mehr als um das bloße Staunen. So wie es Max Lucado ausdrückt: „„ Es ist nicht Gottes Plan, dass unser Herz als Nomade umherstreift. Gott will nicht, dass wir in der Kälte bleiben, sondern er will, dass wir zu ihm hinein kommen und bei ihm wohnen.“ Im diesem Sinne – ein Frohes Fest, gesegnete Feiertage

 

Thomas Stiehl

Pfarrer in Tannenberg und Geyer