Grenzerfahrung

Unter diesem Thema steht dieses Jahr die ökumenische Friedensdekade.

In diesen Tagen beten Christen aus verschiedenen Kirchen für Frieden und Gerechtigkeit auf dieser Erde.

Sehr viele sind es meist nicht. Aber das Gebet um Frieden und Gerechtigkeit ist wichtiger denn je – nicht nur in diesen 10 Tagen.

Ist das Thema „Grenzerfahrung“ nicht hochaktuell?

Im Herbst 89 forderten wir Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, die Öffnung der Grenzen. Bis vor ein paar Monaten gab es in der EU kaum Grenzkontrollen. Jetzt möchten viele wieder Grenzkontrollen einführen oder gar die Grenzen schließen. Einige Länder haben es bereits getan.

Viele unter uns haben Angst vor den vielen Menschen, die kommen und so ganz anders sind.

Diese Ängste und Bedenken sind für mich nachvollziehbar. Es ist eine große Herausforderung für  Europa, für unser Land, für unsere Politiker (ich möchte nicht in ihrer Haut stecken) und für unsere Gesellschaft.

Ängste, Bedenken gehören zu unserem Leben. Schon Jesus stellte fest: „In der Welt habt ihr Angst“. Ängste gehören zum Leben dazu, haben auch eine gewisse Schutzfunktion.

Über Ängste muss geredet werden. Sie dürfen nicht in Aggression münden.

Dass dies geschieht, macht mir Angst. Mich erschrecken Kundgebungen und Demonstrationen, in denen Hass gesät wird oder Hasstiraden im Internet.

 

Auf den ersten Seiten der Bibel wird uns berichtet, dass Gott uns Menschen zu seinem Gegenüber geschaffen hat. Das heißt, er gibt uns Würde. In der Bibel steht aber nicht, dass dies nur für bestimmte Menschen gilt.

Die Herrnhuter Brüdergemeine gibt jedes Jahr ein Losungsbüchlein heraus. Aus vielen Bibelversen wird für jeden Tag ein Vers gelost – ca. 2 Jahre vorher.

Die Losung vom Samstag vor einer Woche lautete:  „Du sollst den Fremden lieben wie dich selbst“ (3. Mose 19,34b) und am darauffolgenden Sonntag lautete sie: Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt“. (3. Mose 19,34a).

Komisch, eigenartig, zufällig? - Vielleicht will uns Gott ja etwas damit sagen. Darüber nachzudenken, kann nicht schaden.

Nachdenken, was uns eingrenzt, wo und von wem wir uns abgrenzen, nachdenken, wo wir andere ausgrenzen.

Vielleicht ist ja der Buß- und Bettag am Mittwoch ein Anlass, nachzudenken über unser Leben, unser Denken, unser Tun und ein Anlass zu beten - für unser Land, für die Asyl Suchenden und für unsere Politiker.

 

Pfr. Friedrich Preißler, Ev.-LUth. Kirchgemeinde Crottendorf