WERDEN UND VERGEHEN – WAS HALT GIBT

„Wie gewonnen – so zerronnen.“ „Wer hoch hinaus will, kann auch tief fallen.“ Diese bekannten Sprichworte deuten schonungslos auf die Realitäten unseres Lebens hin. Gewinn und Verlust, Einfluss und Bedeutungslosigkeit, Aufstieg und Abstieg, Sieg und Niederlage wechseln sich ab und liegen oft dicht beieinander. Finanzwirtschaft, Politik oder auch der Fußball liefern dafür regelmäßig anschauliche Beispiele.

 

Es liegt wohl in der Natur des Menschen nach immer mehr und Höherem zu streben. Zufriedensein mit dem Ist-Zustand ist nicht unsere Sache. Ganz oben stehen und möglichst der Beste sein sind vorrangige Ziele. Parolen unserer Zeit unterstützen diesen Trend: „Schneller, höher, weiter“, „Jetzt noch besser“, „Nichts ist unmöglich“ oder „Da ist mehr für Sie drin“. Sie lassen uns glauben, dass immer noch etwas mehr geht.

 

Wer die Realitäten ausblendet und hemmungslos den Kampf um die Spitze aufnimmt, steht oftmals am Ende mit leeren Händen als Verlierer da und sieht zerstört, was er sich über lange Zeit mühevoll aufgebaut hat. Wenn dazu noch Hochmut vor dem Fall kommt, bekommt man neben dem Schaden den Spott und die Häme frei Haus geliefert. Auch wenn mancher seinen Fall selbst mitverursacht hat, wird doch auch deutlich, dass nicht alles im Leben in unserer Hand liegt. Was bietet da angesichts dieser Sachlage Sicherheit?

 

In der Mitte des Jahres denken wir zum Johannistag am 24. Juni angesichts nun wieder abnehmender Tage an die Bedeutung von Werden und Vergehen. Der Tagesspruch erinnert daran, dass Auf- und Abstieg zum Leben gehören. Johannes der Täufer bezeugt: „Der Einfluss von Jesus Christus muss wachsen, meiner muss abnehmen.“ (Johannes 3, 30) Erstaunlich ist, wie Johannes angesichts der Tatsache, dass sein Zenit überschritten war, mit der Realität umgeht. Einem Anderen den Aufstieg gönnen und selbst ins zweite Glied zurücktreten, ist nicht selbstverständlich. Johannes sah sich als Wegbereiter eines Größeren. So konnte er von sich weg hinweisen auf Christus: „Wer sich an den Sohn Gottes hält, der hat das ewige Leben.“ Sein Vertrauen zu Gott und die Gewissheit, ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand, gaben ihm Halt und die Sicherheit nicht mit leeren Händen dazustehen. Wer wie Johannes in dieser Weise bei Gott verankert ist, hat gleichsam eine Sicherungsseil, das ihn hält, wenn es auf der Lebens-Achterbahn wieder abwärts geht.

 

Diakon Klaus Mehlhorn ist als Bezirksgemeindereferent im Ev.-Luth. Kirchenbezirk Annaberg tätig.