Gemeinschaft nicht aufs Spiel setzen

11.02.2014

Gemeinschaft nicht auf Spiel setzen.

von Thomas Röder

3. Sonntag vor der Passionszeit (Septuagesimae)

zu Römer 9,14-24

 

Der kommende Sonntag nimmt bereits die Passions- und Osterzeit in den Blick. Im evangelischen Kalender trägt er den Namen „Septuagesimae“, was 70 Tage vor Ostern besagt. Als Wort für die Predigt ist ein Abschnitt aus dem Römerbrief vorgesehen (9,14-24). Es ist ein nicht leichter Text, aber seine Spitze ist deutlich: Christen sollen ihre Gemeinschaft nicht aufs Spiel setzen. Und was für Christen gilt, gilt für das menschliche Zusammenleben überhaupt. Gemeinschaft wird dort belastet oder sogar zerstört, wo sich Menschen über Menschen erheben, sich voneinander abgrenzen und darüber vergessen, dass wir alle von Gottes Güte und Barmherzigkeit leben. Kein Mensch kann sich je das Leben selber verdienen. Es ist uns geschenkt. Kein Mensch gleicht dem anderen. Wir sind alle „Unikate“, einmalig und nicht zu verwechseln. Aber kein Mensch kann für sich allein Leben. Wir sind und bleiben aufeinander angewiesen, solange wir leben. Gemeinschaft freilich ist eine Aufgabe. Sie ist uns von Gott geschenkt und aufgegeben. Sie kann nur gelingen, wenn wir nicht den Ursprung unserer Existenz als Menschheit und Einzelne vergessen. Dieser Ursprung liegt in der Liebe, der Zuwendung und Barmherzigkeit Gottes. Vor allem, was wir sind und leisten, gründet unsere Würde in der Gemeinschaft mit Gott. Hans Georg Gadamer war nicht verlegen um eine Antwort, als ihn anlässlich seines hohen Geburtstages ein Journalist fragte, was sein Lebensmotto sei. Er zitierte Sören Kierkegaard: „Gottes zu bedürfen ist des Menschen höchste Vollkommenheit“. Vollkommenheit meint nicht eine moralische Kategorie, sondern das Wissen um unsere gemeinsame Herkunft und Zukunft. Halten wir daran fest, dann wissen und erfahren wir uns als beschenkte Menschen. In einem Morgengebet heißt es: „Hilf uns, dass wir einander aufrichtig, einfühlsam und mit Achtung begegnen, denn DU HERR, bist uns täglich nahe.“ Als Paulus seinen Brief an die Christen nach Rom schrieb, war es sein großes Anliegen, Tendenzen in der Christenheit zu begegnen, die die Gemeinschaft aufs Spiel setzten. Darum weist er in die Solidarität derer ein, die auf Gottes Zuwendung angewiesen sind, ist doch die Liebe Gottes allem voraus. Sie ist die Tür zur Gemeinschaft und macht uns zu Menschen, die selber lieben können. Darum geht es Gott. Im Namen Jesus ist das verbürgt. Er schenkt Gemeinschaft, damit wir sie leben und sein „Name auf der ganzen Erde verkündigt werde“ (9,18b.), denn „dazu hat er uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden“ (9,24), betont Paulus. Niemand ist ausgeschlossen. Es gibt nur eine „Bedingung“, die Einladung annehmen. Der Eintritt ist frei. Dafür sorgt Gott. Gott sei Dank.