Christliche und Politische Einheit

„Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Dieser Satz aus dem Munde des Altkanzlers Helmut Kohl hat oft zu bissigen Kommentaren verleitet. Auch wenn am letzten Wochenende die Wahlbeteiligung und damit wohl das Interesse an Politik wieder gestiegen sind, scheinen nicht wenige Bürger unseres Landes mit dem, was Parteien sagen und in politisches Handeln umsetzen, unzufrieden zu sein.

 

Was in den letzten Jahren „hinten rausgekommen ist“, kann sich dabei durchaus sehen lassen. Noch nie waren Perspektiven auf angemessene Arbeit so gut wie heute, Einkommen steigen, Sparguthaben wachsen, Städte und Dörfer sind in ordentlichem Zustand. … Woher kommt der politische Frust?

 

Angesichts der Ausdifferenzierung der Parteienlandschaft kann niemand mehr allein regieren oder politisch handeln. Verkannt wird, dass Kompromisse nötig sind und Abstriche vom eigenen Pateiprogramm gemacht werden müssen. Nur so kann für die Praxis „hinten etwas Brauchbares rauskommen.“

 

Spiegelt das Bild der Parteienlandschaft nicht auch das Erscheinungsbild der christlichen Kirchen wider? Konfessionen und Glaubensgemeinschaften sind ebenso vielfältig wie die Parteien. Wie derzeit Menschen die Parteien verlassen, kehren manchmal auch Christen ihrer Kirche den Rücken, nicht mal weil sie nichts mehr vom Glauben halten, aber oft, weil sie keine Kompromisse mehr wollen. Jeder meint Recht zu haben und das Richtige zu tun, da erscheint es zu mühsam, sich mit anderen auseinandersetzen und vereinbaren zu müssen.

 

Am Sonntag beginnt die Gebetswoche für die Einheit der Christen. Hat diese Einheit bei all der Verschiedenheit und Individualität eine Chance? Nicht nur weil Christen weniger werden, praktizieren die Kirchen seit einigen Jahren „Einheit in Vielfalt“. Liegt in der bunten Vielfalt unserer Kirchen, in den verschiedenen Formen, Glauben zu leben und ihm Ausdruck zu verleihen, nicht ein Reichtum, den es zu erhalten gilt?

 

In Johannes 15,16 sagt Jesus: „Ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt.“ Ist es nicht in Ordnung, wenn am Ende auf verschiedenem Weg in die Tat umgesetzt wird, was Jesus seiner Kirche aufgetragen hat und Frucht bringt? Entscheidend ist, was hinten rauskommt.

 

Vielleicht ließe sich auch die politische Kultur unseres Landes unter dem Motto „Einheit in Vielfalt“ nicht gegen-, sondern besser miteinander gestalten.

 

Diakon Klaus Mehlhorn ist als Bezirksgemeindereferent im Ev.-Luth. Kirchenbezirk Annaberg tätig.